Die Reichsinsignien


Die Reichsinsignien in der Wiener Schatzkammer sind der einzige - fast - vollständig erhaltene Kronschatz des Mittelalters. Sie umfassen die Reichskrone, den Krönungsornat, den Reichsapfel und das Szepter, das Reichs- und Zeremonienschwert, das Reichskreuz, die Heilige Lanze und andere Reliquien, die Stephansbursa, das Reichsevangeliar sowie den sogenannten "Säbel Karls des Großen".

Alle Stücke spielten in der Geschichte des Heiligen Römischen Reichs eine große Rolle und besaßen eine enorme Symbolkraft, die vor allem dann wichtig war, wenn die Legitimität eines Kaisers strittig war. Nicht eindeutig geklärt ist, welche Stücke ab welchem Zeitpunkt zu den Reichsinsignien zählten, und auch in Hinblick auf Entstehungsort und Hersteller einiger Stücke bestehen Unsicherheiten.

Zunächst hatten die Reichsinsignien keinen feststehenden Aufbewahrungsort, vielmehr begleiteten sie den jeweiligen Kaiser auf seinen Reisen durch das Heilige Römische Reich oder wurden an sicheren Orten wie Burgen oder Festungen verwahrt. Erst 1423 verfügte Kaiser Sigismund, daß die Reichsinsignien - abgesehen von Stephansbursa, Reichsevangeliar und dem Säbel Karls des Großen, die in Aachen aufbewahrt wurden - zur ewigen Aufbewahrung an die Stadt Nürnberg übergeben werden sollten, wo sie im Jahr 1424 eintrafen, und wo sie sich fortan bis zum Ende des 18. Jahrhunderts befanden, wenn sie nicht gerade für eine Krönungszeremonie benötigt wurden.

Im Gefolge der französischen Revolution kam es zunehmend zu Unsicherheit in Europa. Bereits im Jahr 1794 wurden die in Aachen aufbewahrten Stücke weiter nach Westen evakuiert, und als 1796 französische Truppen den Rhein überschritten, wurden auch die Reichsinsignien aus Nürnberg zunächst nach Regensburg und vier Jahre später - im Jahr 1800 - nach Wien in Sicherheit gebracht, wo sie 1801 mit den über eine Zwischenstation in Hildesheim aus Aachen stammenden Stücken vereinigt wurden.

Als im Jahre 1806 das Heilige Römische Reich durch seinen letzten Kaiser Franz II. aufgelöst wurde, befanden sich die Reichsinsignien nach wie vor in Wien. Gemäß den Gebräuchen des internationalen Rechtes geht das Vermögen einer Rechtspersönlichkeit bei deren Erlöschen ohne Rechtsnachfolger in den Besitz des Staates über, auf dessen Hoheitsgebiet es sich zum Zeitpunkt des Erlöschens befindet, und deshalb gehören die Reichsinsignien heute rechtmäßig der Republik Österreich als Rechtsnachfolgerin des 1804 gegründeten Kaiserreichs Österreich - zumindest argumentierten so durch die Jahrhunderte die Befürworter eines Verbleibens der Reichsinsignien in Wien.

Die Städte Nürnberg und Aachen hingegen nahmen seit jeher einen anderen Standpunkt ein und reklamierten, jede auf ihre Art, eine Rückführung der Reichsinsignien. Zumindest die Stadt Nürnberg konnte in dieser Hinsicht einen kurzfristigen Erfolg verbuchen: Im Jahr 1938 wurden die Reichsinsignien auf Weisung von Adolf Hitler nach Nürnberg gebracht, wo sie zunächst in der Katharinenkirche ausgestellt und danach in einem Luftschutzbunker gelagert wurden. 1945 entdeckten sie dort US-amerikanische Soldaten, und 1946 wurden nach Intervention der USA die Reichsinsignien wieder nach Wien überstellt.

Seither bilden die Reichsinsignien des Heiligen Römischen Reiches einen der Höhepunkte im Schatzkammer Museum der Wiener Hofburg und üben eine ganz besondere Anziehungskraft auf ihre Besucher aus. Das Redaktionsteam der Webseite www.wiener-schatzkammer.at empfiehlt, bei einem Besuch der Wiener Schatzkammer auf die Besichtigung der Reichsinsignien ganz besonderen Wert zu legen und allein dafür mindestens eine Viertelstunde einzuplanen.


Mehr über die Reichsinsignien und ihre Rolle in der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches erfahren Sie zum Beispiel im Rahmen einer unserer spannenden Schatzkammer Führungen. Und ganz besonders möchten wir im Zusammenhang mit den Reichsinsignien in der Wiener Schatzkammer die Spezialführungen der Fachbücher Autoren aus dem Team unserer Partner von Wien Führungen empfehlen!